Die Hefe, die nie leer wird 10


Die „nie-wieder-leer-werdende“ Hefe – oder: So vermehrt ihr eure Hefe und müsst nie mehr neue kaufen…

 

Dass wir diesen Beitrag jemals schreiben würden, hätten wir nicht für möglich gehalten. Aber es scheint derzeit wirklich so, als sei Hefe zum Luxusgut mutiert. Unsere Freunde und Fans melden aus allen möglichen Regionen Deutschlands: „Hefe? Die ist bei uns ausverkauft! Womit sollen wir Brot und Hefeteilchen backen?“ (…gerade jetzt, wo so viele Lust & Zeit zum Backen haben).

Super dreist: Auf eBay und anderen Plattformen ist derzeit offenbar ein Schwarzmarkt für Hefe entstanden, auf dem ein Tütchen zum 40fachen(!) oder mehr des eigentlichen Preises gehandelt wird. Hoffentlich habt ihr noch einen kleinen Vorrat. Wenigstens einen Teelöffel Trockenhefe.

Denn damit wärt ihr schon krisensicher!

Denn: Wir haben da was für euch: Eine Anleitung, wie ihr eure Hefe immer weiter vermehren könnt. Das ist jetzt natürlich keine höhere Wissenschaft, sondern altes Hausfrauenwissen. Aber egal, hier für alle, die irgendwo noch ein paar Krümmel Hefe zusammenkratzen können, das Rezept, wie ihr eure Hefe immer weiter nutzt. Denn Hefe ist ja, wie wir alle wissen, ein Lebewesen. Und das will sich vermehren. Wie praktisch für uns Bäcker, dass es auch zu Hause ganz easy klappt!


Vorab aber noch ein Hinweis: Vielleicht wollt ihr auch mal das Backen mit Sauerteig probieren? Dann schaut doch mal hier: 

Sauerteig selbst machen – super easy!


Nun aber zum Rezept:

 

Die „unendliche“ Hefe

 

Zutaten:

1 Teelöffel Trockenhefe (oder 1 guter Teelöffel fein zerkrümelte Frischhefe)

125 ml Wasser 

3 gehäufte Esslöffel Mehl (am besten Weizen- oder Dinkelmehl ➡️ was halt gerade zu kriegen ist). Glutenfreies Mehl geht übrigens auch!

 

Zubereitung:

 

1. Zunächst gebt ihr das Wasser in eine Schüssel. Anmerkung: Wir haben früher immer geschrieben, man soll lauwarmes Wasser nehmen. Aber es hat sich gezeigt, dass viele Leser zu warmes Wasser genommen haben. Dadurch stirbt die Hefe ab. Also lieber etwas zu kalt, als zu heiß. Zimmertemperatur ist perfekt! 

2. Die Hefe darin auflösen.

3. Das Mehl einrühren und das ganze abdecken. 1 Stunde an einem warmen Ort gehen lassen. Tipp: Wir haben eine kleinere Tasse mit heißem Wasser gefüllt und unter die Rührschüssel gestellt. Die aufsteigende Wärme ist perfekt für die Hefe.

 

4. Der Teig sollte nun schon Blasen bilden. Nun könnt ihr diesen Teig halbieren. Mit der einen Hälfte backt ihr weiter – einfach nach Rezept, aber statt Trockenhefe oder frischem Hefewürfel verwendet ihr euren selbst gemachten Hefe-Ansatz. Der entspricht etwa 1 Päckchen Trockenhefe oder 1/2 Würfel frischer Hefe.

5. Die andere Hälfte hebt ihr auf für euren nächsten Backspaß. Dazu einfach auf einen Bogen Backpapier streichen. Sobald der Teig trocken ist, einfach abziehen, zerbröseln und Luftdicht aufbewahren.

 

 

6. Um diese Hefe wieder zu aktivieren, verrührt sie wieder mit 125 ml (1/8l) Wasser und 3 gehäuften Esslöffeln Mehl und lasst das ganze 1 Stunde gehen. Und schon habt ihr wieder 1 Teil Hefe zum gleich backen und einen Teil zum aufheben. So könnt ihr eure Hefe theoretisch unbegrenzt weiter nutzen. Kleine Anmerkung: Habt ihr das Gefühl, eure alte Hefe schwächelt, gebt einfach ein paar Krümmel neue Trockenhefe dazu (sofern möglich). Ganz wenige Körnchen reichen schon, und schon sprudelt und blubbert auch ein müder Teig wieder fröhlich vor sich hin.

 


Und nun – was tun mit der Hefe?

wir hätten da ein paar Ideen für euch:

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Ein kleiner Exkurs: Woher kommt Hefe eigentlich?

 

Hefe – eine zufällige Entdeckung

Die Entdeckung der Hefe vor Tausenden von Jahren war angeblich (wie so viele wichtige Entdeckungen der Menschheit) reiner Zufall. Vermutlich trug sie sich im alten Ägypten zu. Eine alte ägyptische Legende erzählt nämlich davon, dass Brotteig, bestehend lediglich aus Getreide und Wasser, unter der sengenden Sonne vergessen wurde. Als die Bäcker später zurückkehrten, stellten sie fest, dass der Teig aufgegangen war und lauter Luftbläschen hatte. Trotzdem wurde der Teig gebacken, denn zum Wegwerfen wäre das kostbare Getreide darin zu schade gewesen. Und das Ergebnis gefiel den Ägyptern! Auf diese Weise wurde eine ursprüngliche Form von Wildhefe entdeckt, die die Menschen weiterhin zum Backen verwendeten. Eine ähnliche Geschichte erzählt man sich übrigens auch über die Entstehung von Bier. Daher ist weder klar, ob diese Entdeckungen oder Entwicklungen parallel verliefen, sich gegenseitig befeuerten – oder ob die ägyptische Legende am Ende womöglich nicht viel mehr ist, als ein Mythos. Sicher ist jedoch: Bei Ausgrabungen haben Forscher festgestellt, dass schon die alten Ägypter gezielt mit Hefe arbeiteten. Diese Kunst verbreitete sich schnell in weiten Teilen der Welt. Bald wurde überall mit Hefe gebacken. Vermutlich wurde sie auf ähnliche Weise vermehrt, wie in dem obenstehenden Blogbeitrag erklärt. 

 

Hefe in der Klosterbäckereien

Springen wir ins mittelalterliche Europa: Es ist ja bekannt, dass zu dieser Zeit viel Wissen in Klöstern gewahrt wurde. Neben dem Wissen um den Einsatz von Hefe beim Bierbrauen zählte dazu auch deren Nutzen für das Backen. So wurden auch wertvolle Backgeheimnisse von den Nonnen und Mönchen in den Klöstern gehütet und weitergegeben. Einigen Klöstern waren daher berühmt für das handwerkliches Geschick ihrer Bewohner beim Brotbacken. In den Klosterküchen verfeinerten sie die Verwendung von Hefe. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen! So entwickelten sich sogar verschiedene regionale Brotvariationen, die für Pilger und Reisende entlang der alten Handelsrouten Europas eine wahre Delikatesse darstellten. Die Klöster waren also nicht nur für ihr oftmals hervorragendes Brot und ihr bis heute bekanntes Heilwissen berühmt. Sie wurden auf diese Weise auch zu Zentren des Backwissens und zur Geburtsstätte einiger Brotkreationen, die bis heute geschätzt werden. Einige Beispiele:

  1. Ciabatta: Das italienische Ciabatta kennt wohl jeder. Es hat eine knusprige Kruste und eine sehr großporige Krume. Die Rezeptur wurde von Mönchen im 12. Jahrhundert entwickelt, die nach einem Brot suchten, das leichter verdaulich war und eine längere Haltbarkeit aufwies, als bisherige Brote. Mutmaßlich wurde es damals noch nicht aus dem hellen, hoch ausgemahlenen Mehl gebacken, wie heute, und war daher etwas rustikaler als das Ciabatta, das wir heute kennen.

  2. Baguette: Das französische Baguette wurde zugegebenermaßen wahrscheinlich nicht im Kloster erfunden. Aber das ikonische Brot mit seiner dünnen, knusprigen Kruste und einem weichen Inneren wurde sehr wahrscheinlich in französischen Klöstern des 17. Jahrhunderts perfektioniert. Denn die reichen Klöster hatten Zugang zu den sehr hellen (teuren) Mehlsorten, mit denen das Baguette so hervorragend gelingt.

  3. Pumpernickel: Dieses dunkle Roggenbrot aus grobem Mehl oder Schrot hat seinen Ursprung in Deutschland und wurde von Mönchen im Verlauf des 15. Jahrhunderts entwickelt. Es zeichnet sich durch seinen tiefen, erdigen Geschmack und seine lange Backzeit aus, die dieses Brot besonders bekömmlich macht. Pumpernickel hält sich lange frisch, so dass es wohl auch Pilgern als Proviant mitgegeben wurde.

  4. Stollen: Na gut, vielleicht ist das das kein Brot im engeren Sinne, aber wir möchten ihn hier nennen, weil Stollen nachweislich auch auf die Klosterküchen zurück geht. Ee ist ein traditionelles deutsches Weihnachtsgebäck, das im 14. Jahrhundert in Sachsen entstand (Die ersten schriftlichen Erwähnungen des Stollens stammen aus dem Jahr 1474, als er in einem Dokument als Geschenk für den sächsischen Herzog Ernst und seine Familie aufgeführt wurde). Die Mönche des Dresdner St. Afra Kloster Klosters sollen Stollen erstmals hergestellt haben. Ursprünglich er ein schlichtes, ungesüßtes Brot, das im Mittelalter während des Fastens in der Adventszeit gebacken wurde. Stollen enthielt damals nur Mehl, Hefe, Wasser und Öl. Mit der Zeit wurden aber immer mehr Zutaten zugegeben, wie getrockneten Früchten, Nüssen, Gewürze und Zucker. Kurfürst August der Starke (1670–1733) war ein großer Liebhaber des Stollens. Er soll persönlich die Verfeinerung des Stollens mit Butter und Rosinen angeordnet haben, um einen besonders reichen und schmackhaften Stollen zu erhalten. Dieser Stollen mit Butter ist heute als „Dresdner Christstollen“ bekannt und ist eine der bekanntesten Variationen.

  5. Hot Cross Buns: Diese süßen, aromatisch gewürzten Brötchen enthalten eine Markierung in Form eines Kreuzes auf der Oberseite. Sie sind ein bekannter Bestandteil der Ostertradition in Großbritannien. Sie wurden erstmals in englischen Klöstern des 14. Jahrhunderts gebacken und sind bis heute in Großbritannien beliebt.

 

Die Trockenhefe im Zweiten Weltkrieg

Eine bedeutende Wendung in ihrer Geschichte erlebte die Hefe während des Zweiten Weltkriegs. Da frische Hefe schwer zu transportieren und zu lagern war, wurde die Trockenhefe als Alternative entwickelt. Sie ermöglichte es den Versorgungseinheiten der Truppen, auch in den entlegensten Gebieten frisches Brot zu backen um die Soldaten damit zu versorgen. Aufgrund der steten Verfügbarkeit und weil Trockenhefe so praktisch ist, wurde sie allgemein gut akzeptiert – natürlich nicht nur beim Militär, sondern auch bei der Bevölkerung. Dies führte dazu, Trockenhefe als beliebtes Backtriebmittel weltweit zu etablieren. Ganz besonders in Gegenden der Welt, in denen die Kühlung von Lebensmitteln (und Hefe) schwierig ist, oder in denen lange Transportwege nötig sind, ist Trockenhefe heute sehr beliebt. Einige unserer Leser(innen) aus z.B. Mittel- und Südamerikanischen Ländern haben uns immer mal wieder geschrieben, dass bei ihnen in der Region frische Hefe gar nicht gebräuchlich und auch nicht erhältlich ist, zumindest nicht für „Normalverbraucher“ (ob z.B. professionelle Bäckereien frische oder Trockenhefe verwenden, wissen wir leider nicht). In vielen Ländern der Welt backt man zumindest im Haushalt grundsätzlich mit Trockenhefe. Dennoch behielt auch frische Hefe weiterhin ihre Berechtigung in der Backstuben der Welt. Viele (Hobby)Bäcker bevorzugen auch heute noch frische Hefe gegenüber Trockenhefe. Beide Hefesorten haben also ihre Berechtigung und ihre Fans. 

 

Backen wie Oma – natürlich mit frischer Hefe

Seit vielen Jahren herrscht ein großer Trend vor: Die Rückbesinnung auf traditionelles Brotbacken. Viele Hobbybäcker entscheiden sich bewusst für frische Hefe. Sie loben den leicht „anderen“ Geschmack und das Aroma, das frische Hefe verleiht. Sie schmeckt ein wenig intensiver, „hefiger“. Allerdings ist es so, dass dieses Aroma vor allem an der Melasse liegt, auf der Hefe gezüchtet wird, gar nicht so sehr an den Hefekulturen selbst. Aber dies ist nur eine Randbemerkung – erklärt aber auch, warum Brote mit weniger Hefe aber langer Gehzeit (wodurch ja ebenfalls viele Hefebakterien wachsen und im Brot sind) weniger stark den typischen Hefegeschmack enthält, als Gebäck mit hoher zugesetzter Hefemenge. In traditionellen Rezepten wird übrigens oft etwas empfohlen, das uns heute fast schon anachronistisch erscheint: Hier kommt auf 500 g Mehl oft ein ganzer Hefewürfel oder sogar mehr. Zum Vergleich: Heute würden wir maximal einen halben Würfel verwenden. Der Trend geht sogar zu Mini-Mengen an Hefe und dafür sehr langen Gehzeiten. Warum empfehlen Omas Rezepte dann oft das genaue Gegenteil? Ganz einfach: Oftmals (nicht immer!) wurden Gebäcke mit dieser Hefemenge dann ohne Gehzeit direkt in den Ofen geschoben und gebacken. So konnte die Hausfrau in kurzer Zeit und quasi mit Geling-Garantie backen. Das entsprach dem Zeitgeist. Heute ist Backen ein Hobby, ein Zeitvertreib für viele. Wir zelebrieren es, wollen und müssen nicht „schnell-schnell“ etwas Essbares auf den Tisch zaubern, sondern gönnen uns bewusst den Luxus, Brot und Brötchen, Hefezopf und Brioche mit wenig Hefe und langer Gehzeit zuzubereiten. 

 

Die Zukunft der Hefe – Wohin geht der Trend?

Die Geschichte der Hefe ist also voller spannender Wendungen und neuer Entwicklungen. Aktuell sehen wir zwei gegenläufige Bewegungen: Zum einen die oben genannten Hobbybäcker, die ihrem Teig viel Zeit lassen, die auf Qualität höchsten Wert legen und sich fast schon darin überbieten, wer mit möglichst wenig Hefe auskommt (oder sogar ganz ohne gekaufte Hefe backt, sondern mit wilden Hefen in Form z.B. von Sauerteig oder Hefewasser). Auch viele Traditionsbäckereien verfolgen eher diesen Ansatz. Zum anderen sehen wir aber auch, dass immer mehr Massenwaren in Form von Industrie-Brot und -Brötchen die Märkte flutet. Die Nachfrage nach möglichst billigen Produkten steigt. Um diese zu befriedigen, arbeiten Großbäckereien nicht selten mit hohen Hefeanteilen und zusätzlichen Hilfs- und Zusatzstoffen, um schnell große Mengen herzustellen. Wohin wird sich das Backen mit Hefe also entwickeln? Es bleibt spannend…

 

 

 

 

 

 


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